Berner Museumsgeschichten
Vision Märchenschloss
Am 10. und 11. September finden die Europäischen Tage des Denkmals unter dem Motto Freizeit statt. Rund um den Thunersee rückt die «Romantik des Berner Oberlandes» in den Fokus, die nicht nur den Tourismus ankurbelte, sondern auch manch sichtbare Spuren und noch mehr Geschichten hinterlassen hat. Dazu gehört ein ganzer Reigen durchaus ambitiös angelegter Landsitze und Sommerresidenzen, wobei – wie Beispiel zeigt, nicht jede Vision eines Um- oder Neubaus in vollem Umfang realisiert wurde.
Von wem der Entwurf für die Verwandlung von Schloss Spiez in ein veritables Märchenschloss stammt, bleibt noch herauszufinden. Den Auftrag dazu erteilte Hermann Karl von Wilke, Spross einer Berliner Beamtenfamilie. Dank seiner reichen Gattin verfügte er über die Mittel, das mehrheitlich leergeräumte Schloss 1879 zu kaufen und als Sommerresidenz umzugestalten. Wer sich bei dem Entwurf an die Schlösser Oberhofen, Hünegg oder Schadau erinnert sieht, liegt nicht falsch. Ihr Bau oder ihre Umgestaltungen fallen in die selbe Zeit und sind ganz oder in Teilen nach wie vor sichtbar.
Und ausserdem kannte man sich! Gästebücher und schriftlich festgehaltene Erinnerungen berichten von gegenseitigen Besuchen und gemeinsamen Ausflügen von Schloss zu Schloss, wobei diese auch den einen oder anderen nicht so netten Kommentar über des andern Geschmack zu Einrichtung und Ausgestaltung enthalten. Die angelaufenen Nachforschungen in Oberhofen und Spiez zu den diversen Tête-à-têtes werden hier noch einiges zu Tage fördern.
Ganz so wild wie auf dem Entwurf wurde es in Spiez übrigens dann doch nicht. Alte Postkarten zeigen allerdings, dass vor allem das Neuschloss mit Giebeln, Erkern und Vorbauten durchaus an die Idee des historistischen Entwurfs anknüpfte. Dazu gehörte auch eine englische Parkanlage mit angebauten Gartensälen, grosszügigen Terrassen, Pergolen, Pavillons, Teichen, pittoresken Grotten und einer neuen Orangerie.
Als das Schloss nach weiteren Besitzerwechseln 1929 von der Stiftung Schloss Spiez übernommen wurde, entschied man sich für den mehrheitlichen Rückbau der romantisierenden Eingriffe aus der Aera Wilke.
Programm Denkmaltage: Spiez, Oberhofen, Thun, Gesamtprogramm
Bilder: Schlossarchiv Stiftung Schloss Spiez
Quellen und zum Weiterlesen:
- Alfred Stettler, 2004: 75 Jahre Stiftung Schloss Spiez. Die Anfänge.
- Adolf von Wilke, 1933: Berliner Erinnerungen
- Gästebücher Schloss Oberhofen
- Georg Germann, 2002: Riviera am Thunersee im 19. Jahrhundert